Sonntag, April 30, 2006

Verehrendes

Ich denke, dass ich den schönsten Arbeitsweg der Welt habe. Steige ich morgens auf das Rad, so fahre ich zunächst durch den schönen alten Weinort Oberdollendorf am Siebengebirge, vorbei an hutzligen, kleinen Fachwerkhäuschen, um dann am Rheinufer angekommen auf die Fähre zu steigen, die mich nach Bonn-Plittersdorf auf die andere Seite bringt. Ach, ist das herrlich, morgens mit dem Rad auf der Fähre zu stehen, auf das Siebengebirge, den Drachenfels zu blicken, den Sonnenaufgang hinter der Bergkette zu beobachten, den Dunst über den Rhein wahrzunehmen. Das ganze wird nun noch übertroffen.

Seit dem ich mit dieser Fähre fahre, habe ich einen reizenden Verehrer, nämlich den Herrn, der die 'Fährklappen' (?) bedient, die Karten verkauft und sie stempelt.
Begonnen hat alles ganz zart. Ich wurde von ihm zuvorkommend bedient. Er verkaufte mir eine Streifenkarte, und lächelte. Ich lächelte zurück.
In den darauf folgenden Tagen stempelte er meine Streifenkarte ab. Doch statt der drei Abschnitte, entwertete er nur zwei – mit einem verheißungsvollen Lächeln. Ich bedankte mich belustigt. Zeitweilig sagte er auch: „Für dich nur zwei.“
Einmal kam ich ein Gewitter. Ich war komplett nass. Mein T-Shirt klebte. Scheinbar habe ich an diesem Tag besonders aufregend auf ihn gewirkt. Zumindest sagte er: „Nass geworden?“ und grinste vielsagend.
Obwohl ich in den Monaten von Oktober bis März nicht mit dem Fahrrad und der Fähre fahre, kann er sich jedes Jahr im Frühling an mich erinnern und begrüßt mich in jeder neuen Saison mit den Worten: „Na, ist wieder Frühling?“

Er ist kein Mann der großen Worte. Sein Gesicht ist faltig und wettergegerbt, umgeben von dunklem, kräftigen Haar, seine tiefbraunen Augen funkeln stets – ich vermute, dass er seinem Akzent und Aussehen nach ein ungefähr 45 jähriger Italiener ist.

Dass ich verheiratet bin, stellt für ihn kein Problem dar. Selbst wenn ich mit meinem Mann Fähre fahre, flirtet er mit mir und entwertet bei uns beiden vier statt der erforderlichen sechs Felder.
Gestern fuhr ich wieder Fähre. Es regnete, ich stellte mich ein einer Ecke unter. Er kam, um meine Karte zu entwerten, deutete auf die neue Unterstellmöglichkeit und sagte: „Das haben wir für dich gemacht – bei Regen. Musst du heute arbeiten? Wie lange?“ „Ja, bis ungefähr drei Uhr, dann bin ich wieder hier.“ „Ach, dann bin ich nicht mehr da. Mach’s gut!“, verabschiedete er sich und tätschelte kurz meinen Arm.
Hatte ich erwähnt, dass ich den schönsten Arbeitsweg der Welt habe?

Samstag, April 22, 2006

Peinliches

Ach, nun habe ich zu Beginn der Woche mit Freuden registriert, dass mein vorgeschlagenes Motto 'spotted' nun für aktuellen Illustration Friday ausgewählt wurde und mich sehr darüber gefreut. Und was mache ich? Ich verbummel des Termin und habe noch immer keine Zeichnung von mir zum Thema ins Netz gestellt.
Peinlich. 747 Leute haben mitgemacht und ich nicht. Ich könnte im Erdboden versinken.
Nun möchte ich 10 Zeichnungen von Leuten verlinken, die es rechtzeitig geschafft haben, ihre tollen Ideen zu veröffentlichen:
spotted prisoner
spotted giraffe
spotted dog
spotted dots
spotted (minimalist)
spotted zebra
spotted zebra II
spotted fingerprints
spotted (underwear)
spotted (The evolution of eyeballs)
Freut mich, dass ihr etwas mit dem Motto 'spotted' anfangen konntet.

Montag, April 10, 2006

Volksmusikalisches

Sonntags nachmittags hörte ich als Kind am liebsten im Deutschlandfunk Volksmusik. Wenn möglich trug ich mein kleines blaues Dirndl, weiße Spitzenkniestrümpfe und die Kette mit dem Edelweißanhänger. Käftig bauschende Puffärmel waren für mcih das Höchste. Heidi war mein Vorbild. Ausdauernd übte ich Schuhplattler (oder was ich dafür hielt) und Jodeln. Mein Papa musste mir nur seinen Zeigefinger auf den Kopf legen und schon ging es los - ich dreht mich um meine eigene Achse, bis das Röckchen und das Schürzchen nur so flogen. Oft beklagte ich mich bei meinen Eltern, dass ich nicht als Bayerin, sondern nur als Rheinländerin zur Welt gekommen war.

Nach wie vor sehe ich mir hin und wieder Teile von Volksmusiksendungen fasziniert an. Zur Verwunderung meines Mannes kenne ich oftmals die Namen der 'Interpreten'. Am meisten erfreuen kann ich mich an den kitschüberladenen Kulissen, wie zuletzt beim Winterfest der Volksmusik.
Nun bin ich etwas im Internet herum gesurft. Es tun sich Welten auf. Volks(tümliche)musik-Homepages gehören einem besonderen Genre an. So finden sich dort Steckbriefe, die an Harmlosig- und Liebenswürdigkeit nicht zu überbieten sind, wunderschöne Fotos und gar persönliche Grußbotschaften zum Ansehen.

Der Fan dankt es mit Liebesbeteuerungen:
Hallo Flori [Florian Silbereisen],
Du bist einfach der heißester Typ in der deutschen Fernsehlandschaft und wir (also ich und meine Freundin die Simone) lieben dich abgöttisch!
Du bist immer so spontan und natürlich das schätzen wir sehr an dir.
Wir haben sogar unsere Katze nach dir benannt!
Mach weiter so mit deinem tollen Sendungen, wir kommen auch zu deiner Show in Berlin.
Wäre toll wenn du uns dann persönlich begrüßt.
In Liebe XY
Ipso Facto Comic